Die Generalprokuratur trauert um Dr. Brigitte Bierlein
Mit dem Ableben von Dr. Brigitte Bierlein hat Österreich und insbesondere die Justiz den Verlust einer in vielen Belangen herausragenden Persönlichkeit zu beklagen.
„Optimismus ist Pflicht!“
Das waren – in Anlehnung an Philosoph Karl Popper – ihre Abschlussworte zu einem Festvortrag anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Vereinigung österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte am 23. Mai 2019 im Justizpalast. Diese positive Lebenseinstellung war wohl auch wesentlich mitverantwortlich für ihre beispiellose Karriere, in deren Verlauf sie mehrfach als „erste Frau“ bedeutsamste Funktionen in dieser Republik bekleidete.
Nach Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften, Promotion an der Universität Wien und Ablegung der Richteramtsprüfung war Dr. Brigitte Bierlein zunächst ab 1977 als Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Wien und sodann ab 1988 als Oberstaatsanwältin bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien tätig. Nach weiterem Wirken im Bundesministerium für Justiz im Wege einer Dienstzuteilung wurde sie schließlich im Alter von 41 Jahren mit 1. Oktober 1990 als erste Frau zur Generalanwältin bei der Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof ernannt. Diese Funktion übte sie mehr als 12 Jahre bis zu ihrer Ernennung zur Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofes per 1. Jänner 2003 aus. Ab Februar 2018 – neuerlich als erste Frau – war sie sogar Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes.
Schließlich stellte Dr. Bierlein in bewegten Zeiten, in welchen die „Eleganz und Schönheit“ der österreichischen Bundes-Verfassung besonders gefordert waren, ihr Wirken neuerlich in den Dienst der Republik. Am 3. Juni 2019 wurde sie von Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen – neuerlich als erste Frau – zur Bundeskanzlerin angelobt. Gleichzeitig schied sie aus ihrer Funktion als Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes aus.
„Erste Frau“ war Dr. Brigitte Bierlein aber auch als erste Präsidentin der Vereinigung österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, nämlich von 2001 bis 2003. Den staatsanwaltschaftlichen Standesvertretungen und ihren Belangen war sie bis zuletzt engst verbunden.
Dr. Brigitte Bierlein war und ist nicht nur allseits als exzellente Juristin und prominente Vertreterin des österreichischen Rechtsstaats geschätzt und anerkannt; sie zeichnete sich durch Verbindlichkeit und Entschlusskraft, aber auch durch ihr freundliches, stets auf Augenhöhe mit ihrem Vis-a-vis agierendes Wesen aus.
In diesem Sinne können ihre Einleitungsworte anlässlich der erwähnten Festveranstaltung vielleicht als ihr weiterzuführendes Vermächtnis gesehen werden:
„Wir Angehörige der Gerichtsbarkeit haben diese tragende Säule unseres Rechtsstaates hoch zu halten, den beruflichen Alltag mit der gewohnten Professionalität und Gelassenheit zu meistern!“
Wir werden Dr. Brigitte Bierlein sehr vermissen!
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Dr. Martin Ulrich
Generalanwalt
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