13. Treffen des Netzwerks der Staatsanwaltschaften und gleichwertiger Institutionen bei den Obersten Gerichtshöfen der EU-Mitgliedstaaten – Nadal-Netzwerk)
Nach einer zweijährigen pandemiebedingten Unterbrechung fand von 11. bis 13. Mai 2022 die sogenannte Nadal-Konferenz in Wien statt. Die Veranstaltung kehrte damit an den Ort zurück, an dem die Idee eines Netzwerks der höchsten Staatsanwaltschaften in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union 2008 erstmals präsentiert wurde. Die Gründung des – auch nach dem Initiator des Netzwerks und früheren französischen Generalprokurator Jean-Louis Nadal benannten – Netzwerks erfolgte schließlich 2009 in Paris.
Eröffnet wurde die Konferenz im Justizpalast in Wien unter Beteiligung des Leiters der Generalprokuratur und Präsidenten des Netzwerks, Generalprokurator Prof. Dr. Franz Plöchl, der Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Dr. Elisabeth Lovrek, der Präsidentin der Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Staatsanwältin Mag. Cornelia Koller, des Präsidenten der Internationalen Vereinigung der Staatsanwälte, Cheol-Kyu Hwang, sowie der Bundesministerin für Justiz, Dr. Alma Zadić, LL.M.
Die Teilnehmer der diesjährigen Konferenz in Wien befassten sich insbesondere mit den Möglichkeiten der Weiterentwicklung der Netzwerkkooperation und seiner Organisation und knüpften damit an die vor drei Jahren in Tallinn begonnenen Gespräche über die Struktur des Netzwerks an.
Über die bisherigen Erfahrungen in der Zusammenarbeit sowie Strategien bei der Abwicklung großer Strafverfahren im internationalen Umfeld berichtete unter anderem die Europäische Generalstaatsanwältin Laura Codruța Kövesi. Sie leitet die Europäische Staatsanwaltschaft, die im Juni 2021 ihre Arbeit in 22 teilnehmenden EU-Ländern aufnahm und Straftaten gegen den EU-Haushalt wie Betrug, Korruption und schweren grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug untersucht, strafrechtlich verfolgt und vor Gericht bringen kann.
Per Videobotschaft schilderte außerdem die ukrainische Generalstaatsanwältin, Iryna Wenediktowa, die katastrophale Situation vor Ort und verwies auf die bereits angelaufenen nationalen und internationalen Anstrengungen bei der Verfolgung und Aufklärung der im Zuge des russischen Angriffskriegs begangenen Straftaten. Auch Justizministerin Alma Zadić sprach die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine an: „Bewaffnete Konflikte verursachen Terror, Leid und unvorstellbaren Schrecken, aber Kriegsgebiete sind dennoch keine rechtsfreien Räume. Das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte setzen klare Maßstäbe und Grenzen für die Mittel und Methoden der Kriegsführung. Auch Kriege erlauben keine Straffreiheit.“
Angesichts der gegenwärtigen Situation in der Ukraine verabschiedeten die Teilnehmer der Konferenz eine gemeinsame Erklärung (Nadal 2022 – Ukraine-Erklärung, Nadal 2022 – Statement on Ukraine), in der sie den von Russland gegen die Ukraine geführten Angriffskrieg und die im Gefolge der kriegerischen Handlungen begangenen schwerwiegenden Straftaten auf das Schärfste verurteilten, dazu aufriefen, den Krieg umgehend zu beenden und den Frieden in zielführenden Verhandlungen widerherzustellen, und der Ukraine und ihrer Bevölkerung ihre uneingeschränkte Solidarität versicherten. Weiters sagten sie den ukrainischen Behörden zu, diese ihm Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungsbereichs bei der Aufklärung und Verfolgung der im Rahmen der kriegerischen Auseinandersetzungen verübten Straftaten in der effizientesten Weise zu unterstützen.
Das Netzwerk der Staatsanwaltschaften oder gleichwertiger Institutionen bei den Obersten Gerichtshöfen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union stellt seit mittlerweile über einem Jahrzehnt ein bewährtes Forum des Erfahrungsaustausches auf höchster staatsanwaltschaftlicher Ebene dar. In Zukunft soll der aufgrund der Pandemie kurzfristig unterbrochene Rhythmus regelmäßiger, jährlich stattfindender Konferenzen, bei denen aktuelle Themen der Strafrechtspflege erörtert werden, wiederaufgenommen werden.