Rechtsgrundlagen
a. Strafprozessordnung (StPO)
§ 23. (1) Die Generalprokuratur kann von Amts wegen oder im Auftrag des Bundesministers für Justiz gegen Urteile der Strafgerichte, die auf einer Verletzung oder unrichtigen Anwendung des Gesetzes beruhen, sowie gegen jeden gesetzwidrigen Beschluss oder Vorgang eines Strafgerichts Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes erheben, und zwar auch nach Rechtskraft der Entscheidung sowie dann, wenn die berechtigten Personen in der gesetzlichen Frist von einem Rechtsmittel oder Rechtsbehelf keinen Gebrauch gemacht haben.
(1a) Auf Anregung des Rechtschutzbeauftragten kann die Generalprokuratur gegen die gesetzwidrige Durchführung einer Zwangsmaßnahme durch die Kriminalpolizei oder die gesetzwidrige Anordnung einer Zwangsmaßnahme sowie eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über die Beendigung des Ermittlungsverfahrens Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes erheben, sofern die zur Einbringung von Rechtsbehelfen Berechtigten einen solchen Rechtsbehelf nicht eingebracht haben oder ein solcher Berechtigter nicht ermittelt werden konnte.
(2) Die Staatsanwaltschaften haben Fälle, in denen sie eine Beschwerde für erforderlich halten, von Amts wegen den Oberstaatsanwaltschaften vorzulegen; diese entscheiden, ob die Fälle an die Generalprokuratur weiter zu leiten sind. Im Übrigen ist jedermann berechtigt, die Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes anzuregen.
§ 25. (1) Für das Ermittlungsverfahren ist die Staatsanwaltschaft zuständig, in deren Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte. Liegt dieser Ort im Ausland oder kann er nicht festgestellt werden, so ist der Ort maßgebend, an dem der Erfolg eingetreten ist oder eintreten hätte sollen.
(2) Wenn und solange eine Zuständigkeit nach Abs 1 nicht festgestellt werden kann, hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren zu führen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat oder zuletzt hatte, fehlt es an einem solchen Ort, die Staatsanwaltschaft, in deren Sprengel der Beschuldigte betreten wurde.
(3) Die Staatsanwaltschaft, die zuerst von einer Straftat, die der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegt, Kenntnis erlangt, hat das Ermittlungsverfahren so lange zu führen, bis die Zuständigkeit einer anderen Staatsanwaltschaft nach Abs 1 oder 2 festgestellt werden kann. Danach hat sie das Ermittlungsverfahren abzutreten.
(4) Ergibt sich keine Zuständigkeit nach den Abs 1 bis 3, so hat die Generalprokuratur zu bestimmen, welche Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren zu führen hat.
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§ 28.
(1) Die Oberstaatsanwaltschaft kann von Amts wegen oder auf Antrag aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen wichtigen Gründen ein Verfahren der zuständigen Staatsanwaltschaft abnehmen und innerhalb ihres Sprengels einer anderen Staatsanwaltschaft übertragen. Ein solcher wichtiger Grund kann auch dann vorliegen, wenn das Verfahren erster Instanz gegen ein Organ derselben Staatsanwaltschaft oder gegen einen Richter eines Gerichts, in dessen Sprengel die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat, oder gegen ein Organ der Sicherheitsbehörde oder Sicherheitsdienststelle im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft zu führen ist. Unterstehen die Staatsanwaltschaften verschiedenen Oberstaatsanwaltschaften, so kommt diese Befugnis der Generalprokuratur zu. Gleiches gilt für den Fall eines Zuständigkeitskonflikts. § 39 Abs. 2 gilt sinngemäß.
(2) „Nach Abs 1 ist unter den dort beschriebenen Umständen auch vorzugehen, wenn die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu prüfen ist (§ 1 Abs 3 und § 35c StAG).
§ 362. (1) Der Oberste Gerichtshof ist berechtigt, nach Anhörung des Generalprokurators im außerordentlichen Weg und ohne an die im § 353 vorgezeichneten Bedingungen gebunden zu sein, die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu Gunsten des wegen eines Verbrechens oder Vergehens Verurteilten zu verfügen, wenn sich ihm
1. bei der vorläufigen Beratung über eine Nichtigkeitsbeschwerde oder nach der öffentlichen Verhandlung über die Beschwerde oder
2. bei einer auf besonderen Antrag des Generalprokurators vorgenommenen Prüfung der Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Urteil zu Grunde gelegten Tatsachen ergeben, die auch nicht durch einzelne vom Obersten Gerichtshof etwa angeordnete Erhebungen beseitigt werden.
(2) Der Oberste Gerichtshof kann in solchen Fällen auch sofort ein neues Urteil schöpfen, mit dem der Beschuldigte freigesprochen oder ein milderer Strafsatz auf ihn angewendet wird; hiefür ist jedoch Einstimmigkeit erforderlich. Der Freigesprochene kann die Veröffentlichung des Erkenntnisses verlangen.
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§ 363 a. (1) Wird in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eine Verletzung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder eines ihrer Zusatzprotokolle durch eine Entscheidung oder Verfügung eines Strafgerichtes festgestellt, so ist das Verfahren auf Antrag insoweit zu erneuern, als nicht auszuschließen ist, dass die Verletzung einen für den hievon Betroffenen nachteiligen Einfluss auf den Inhalt einer strafgerichtlichen Entscheidung ausüben konnte.
(2) Über den Antrag auf Erneuerung des Verfahrens entscheidet in allen Fällen der Oberste Gerichtshof. Den Antrag können der von der festgestellten Verletzung Betroffene und der Generalprokurator stellen; § 282 Abs 1 ist sinngemäß anzuwenden. Der Antrag ist beim Obersten Gerichtshof einzubringen. Zu einem Antrag des Generalprokurators ist der Betroffene, zu einem Antrag des Betroffenen ist der Generalprokurator zu hören; § 35 Abs 2 ist sinngemäß anzuwenden.
b. Staatsanwaltschaftsgesetz (StAG):
§ 2. (1) Am Sitz jedes in Strafsachen tätigen Landesgerichts besteht eine Staatsanwaltschaft, am Sitz jedes Oberlandesgerichts eine Oberstaatsanwaltschaft und beim Obersten Gerichtshof die Generalprokuratur. Die Staatsanwaltschaften sind den Oberstaatsanwaltschaften und diese sowie die Generalprokuratur dem Bundesminister für Justiz unmittelbar untergeordnet und weisungsgebunden.
(2) Den Staatsanwaltschaften, Oberstaatsanwaltschaften und der Generalprokuratur steht ein Leiter vor. Dieser vertritt die Behörde nach außen, beaufsichtigt die Tätigkeiten der ihm unterstehenden Organe und erteilt ihnen erforderlichenfalls Weisungen. Er ist im Einzelfall befugt, die Amtsverrichtungen aller ihm untergeordneten Organe selbst zu übernehmen oder mit der Wahrnehmung staatsanwaltschaftlicher Aufgaben aus schwerwiegenden Gründen einen anderen als den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Staatsanwalt zu betrauen.
c. Verordnung des Bundesministeriums für Justiz vom 16. Juni 1986 zur Durchführung des Staatsanwaltschaftsgesetzes (DV-StAG)
§ 48. (1) Die der Generalprokuratur nach dem Gesetz zukommenden Geschäfte sind möglichst gleichmäßig auf Referate und Gruppen aufzuteilen. Hiebei hat der Leiter der Generalprokuratur auf die sich aus der Besonderheit der Aufgaben der Generalprokuratur ergebende Möglichkeit zeitweiliger Überlastung eines Referates Rücksicht zu nehmen und für einen Belastungsausgleich vorzusorgen. Soweit erforderlich, ist für den Fall der Abwesenheit oder sonstigen Verhinderung eines Mitgliedes der Generalprokuratur eine Vertretungsregelung zu treffen.
(2) Zum Gruppenleiter kann nur ein Erster Stellvertreter des Leiters der Generalprokuratur bestellt werden. Gruppenleiter sind auch mit der Führung eines Referates zu betrauen.
§ 49. (1) Die Geschäftsstelle der Generalprokuratur ist mit den hiefür erforderlichen Beamten und Vertragsbediensteten auszustatten; auszustatten, die unter der Dienst- und Fachaufsicht des Leiters der Generalprokuratur stehen; sie wird von einem Vorsteher geleitet.
(2) In der Geschäftsstelle darf den Parteien nur über Einlangen und Aktenzeichen eines Geschäftsstückes Auskunft erteilt werden.
(3) Der Geschäftsstelle obliegt auch die Betreuung der Bibliothek der Generalprokuratur.
§ 50. Bei der Generalprokuratur werden folgende Register geführt:
1. „Jv“ für Justizverwaltungsangelegenheiten,
2. „Gs“ für Stellungnahmen im strafgerichtlichen Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof,
3. „Gw“ für Angelegenheiten der §§ 23 Abs 1, 25 Abs 4, 28, 362 Abs 1 Z 2, 363a Abs 2 StPO,
4. „Gd“ für Disziplinarsachen der Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte und Notare,
5. „Pers“ für Personalangelegenheiten und
6. „Gn“ für alle übrigen Angelegenheiten.
d. Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG)
§ 118. (1) Im Disziplinarverfahren hat die dienstlichen Interessen der Disziplinaranwalt zu vertreten. Disziplinaranwalt ist beim Oberlandesgericht der Oberstaatsanwalt, beim Obersten Gerichtshof der Generalprokurator.
(2) Der Disziplinaranwalt ist vor jeder Beschlussfassung des Disziplinargerichtes zu hören.
e. Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (DSt)
§ 50. (1) Nach dem Einlangen der Berufungsakten bei der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission hat der Vorsitzende des nach der Geschäftsverteilung (§ 63 Abs 3) zuständigen Senats die Berufungsakten zu prüfen. Hält er die Berufung für unzulässig oder verspätet, so hat er sie vor den Senat zu bringen, ohne dass zunächst eine mündliche Verhandlung anberaumt wird. Ist keiner dieser Fälle gegeben, so ist die Verhandlung anzuberaumen und aus dem Kreis der Anwaltsrichter des Senates der Berichterstatter zu bestellen. Dem Beschuldigten ist ausreichend Zeit zur Vorbereitung zu gewähren.
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(3) Zur mündlichen Verhandlung sind die Generalprokuratur, der Kammeranwalt, der Beschuldigte und sein Verteidiger zu laden.
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§ 51. (1) Die mündliche Verhandlung ist auf Antrag des Beschuldigten öffentlich. Die Öffentlichkeit kann jedoch aus den Gründen des § 229 StPO ausgeschlossen werden. Ist die Verhandlung nichtöffentlich, so kann der Beschuldigte drei Personen seines Vertrauens, die Rechtsanwälte oder Rechtsanwaltsanwärter sein müssen, beiziehen. Zeugen sind als Vertrauenspersonen ausgeschlossen.
(2) Die Verhandlung beginnt mit der Darstellung des Sachverhalts durch den Berichterstatter.
(3) Hierauf trägt der Berufungswerber die Berufung vor. Die im § 50 Abs 3 Genannten haben ebenfalls das Recht auf Anhörung. Die Reihenfolge bestimmt der Vorsitzende. Das Schlusswort gebührt jedenfalls dem Beschuldigten.
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f. Notariatsordnung (NO)
§. 170. (1) Für die Zusammensetzung des Disziplinarsenates und für das Disziplinarverfahren sind die §§ 112 bis 120, 122 bis 129, 130 Abs. 2 bis 4, 131 bis 136, 137 Abs. 1 und 3, 138 bis 141, 143, 151 bis 155, 157, 161, 163 bis 165 des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes, BGBl Nr 305/1961, sinngemäß anzuwenden, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt ist.
(2) Die mündliche Verhandlung vor den Disziplinarsenaten des Obersten Gerichtshofs ist auf Antrag des Beschuldigten öffentlich. Die Öffentlichkeit kann jedoch aus den Gründen des § 229 StPO ausgeschlossen werden.
g. Verfassungsgerichtshofgesetz (VfGG)
§ 10 (1) Ein Mitglied oder Ersatzmitglied ist durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom Amt zu entheben:
a) wenn ein Umstand eintritt, der nach Art. 147 Abs. 4 B-VG ausschließt, dass das Mitglied (Ersatzmitglied) dem Verfassungsgerichtshof weiter angehöre,
b) wenn die Voraussetzungen des Art. 147 Abs. 7 B-VG gegeben sind,
c) wenn sich das Mitglied (Ersatzmitglied) durch sein Verhalten im Amt oder außerhalb des Amtes der Achtung und des Vertrauens, die sein Amt erfordert, unwürdig gezeigt oder die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit gröblich verletzt hat, oder
d) wenn das Mitglied (Ersatzmitglied) durch körperliche oder geistige Gebrechen zur Erfüllung seiner Amtspflicht untauglich wird.
(2) Das Verfahren zur Enthebung eines Mitgliedes (Ersatzmitgliedes) vom Amte kann in den im Abs 1 unter lit a bis c angeführten Fällen nur auf Grund eines nach Vernehmung dieses Mitgliedes (Ersatzmitgliedes) durch den Präsidenten oder das vom Präsidenten damit betraute Mitglied des Verfassungsgerichtshofes gefassten Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes eingeleitet werden. Der Beschluss wird in nichtöffentlicher Sitzung nach Anhörung des Generalprokurators gefasst und hat die Anschuldigungspunkte bestimmt zu bezeichnen. Der Verfassungsgerichtshof kann auch in nichtöffentlicher Sitzung die vorläufige Enthebung eines Mitgliedes, gegen das das Verfahren eingeleitet wird, vom Amte verfügen. Auf das weitere Verfahren finden die Vorschriften der §§ 15, 16, 18 bis 23 des Richterdisziplinargesetzes vom 21. Mai 1886, RGBl Nr. 46, sinngemäß Anwendung. Stellt eine Pflichtverletzung eine gerichtlich strafbare Handlung dar, gelten sinngemäß die Vorschriften der §§ 33 und 34 des letztbezogenen Gesetzes.
(3) Auf das Verfahren im Falle des Abs 1 lit d finden die Bestimmungen des § 52 Abs 2 und des § 53 des erwähnten Richterdisziplinargesetzes sinngemäß Anwendung.
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Anmerkung:
Gemäß § 172 Richterdienstgesetz, BGBl Nr 305/1961, traten an die Stelle der Bestimmungen des Richterdisziplinargesetzes „die entsprechenden Vorschriften“ des Richterdienstgesetzes.
h. Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG)
§ 7
(1) Die Vorschriften über das Dienstverhältnis der Richter des Obersten Gerichtshofes gelten, soweit nicht anderes bestimmt ist, auch für das Dienstverhältnis der Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes.
(2) Für die Disziplinarbehandlung von Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofes und für deren unfreiwillige Versetzung in den Ruhestand geltend entsprechend die für Richter sonst geltenden Vorschriften. Disziplinargericht ist die Vollversammlung des Gerichtshofes. Der Generalprokurator hat dieselben Aufgaben wie im Disziplinarverfahren gegen Richter des Obersten Gerichtshofes. Die Disziplinarstrafe der Dienstentlassung darf nur verhängt werden, wenn wenigstens zwei Drittel der Mitglieder des Disziplinargerichtes dafür stimmen.